Geschichte des Simplicissimus-Hauses
Im Juli 1667 wurde Grimmelshausen vom Bischof von Straßburg zum Schultheiß von Renchen ernannt. Neben seiner Tätigkeit als Schultheiß, die die niedere Gerichtsbarkeit, das Eintreiben von Steuern und Abgaben sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung umfasste, vollendete er sein umfassendes Werk, darunter die zehn Bände des Simplicianischen Zyklus.
Der Förderverein Grimmelshausenfreunde Renchen, der Träger des Simplicissimus-Hauses, wurde 1976 gegründet. Ein Jahr später entstand der Grimmelshausen-Spielkreis, und 1979 wurde die Stiftung Grimmelshausen-Archiv gegründet, die ihren Sitz heute im Museum hat. Ein wesentlicher Stifter war Egon Lorenz, der umfangreiche Materialien zu Grimmelshausen sammelte. 1984 erwarb die Stadt Renchen das um 1760 erbaute Ackerbürgerhaus in der Nähe des Rathauses.
1990 präsentierte Renchen eine Ausstellung unter dem Titel "Simplicissimus – ein barocker Schelm in der Kunst des 20. Jahrhunderts", die von Martin Bircher und Christian Juranek konzipiert wurde. Diese Ausstellung legte den Grundstein für die spätere Gedenkstätte. 1991 stimmte die Arbeitsstelle für literarische Archive, Museen und Gedenkstätten des Landes Baden-Württemberg in Marbach zu, eine Grimmelshausen-Gedenkstätte zu unterstützen. Der Architekturwettbewerb wurde 1992 von der Architektengemeinschaft Adler & Retzbach aus Karlsruhe gewonnen, und im selben Jahr wurde die Baugenehmigung erteilt. Dank Spenden von Mäzenen wie Karl-Heinz Maurer und Dieter Dieckmann begannen 1995 die Renovierungsarbeiten am Ackerbürgerhaus. Die Grundsteinlegung erfolgte am 27. Mai 1997, und am 2. Oktober 1998 wurde das Museum eröffnet. Die Umgestaltung des barocken Ackerbürgerhauses wurde 1999 vom Bund Deutscher Architekten (BDA) im Rahmen des Hugo-Häring-Preises ausgezeichnet.
Das Museumskonzept
Die Dauerausstellung des Simplicissimus-Hauses umfasst eine beeindruckende Sammlung von Originalgrafiken und Zeichnungen verschiedener Künstler des 20. Jahrhunderts. Auf zwei Ebenen werden rund 250 Aquarelle, Grafiken, Lithografien, Federzeichnungen, Ölbilder und Skulpturen ausgestellt.
Der Hauptausstellungsraum widmet sich dem Inhalt des Romans "Simplicissimus". Hier sind Originalzeichnungen von Künstlern wie A. Paul Weber, Max Klinger, Walther Klemm, Erich Erler-Samaden, Hans Sauerbruch, Joseph Hegenbarth, Max Hunziker und Axl Leskoschek zu sehen. Im ersten Obergeschoss werden Werke von Claus Arnold, Udo Claaßen, Fritz Eichenberg und Rolf Münzer präsentiert. Diese Werke zeigen die verschiedenen Ausgaben von Grimmelshausens Werken bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und den Beginn der 1950er Jahre. Der Museumskeller, gestaltet von Jürgen Goertz, beherbergt die 1998 geschaffene Skulptur des "Fabeltiers" im freigelegten Seitengang.
Erweiterungen und Veranstaltungen
Im Juni 2015 wurde nach einjähriger Bauzeit ein Anbau mit einem Veranstaltungsraum und einem Archiv eingeweiht. Der zweigeschossige Altbau mit Krüppelwalmdach bleibt trotz der Erweiterung dominierend. Die Erweiterung, die als eingeschossiges, transparentes Foyer zwischen das Ackerbürgerhaus und das Nachbargebäude eingebettet ist, greift historische Scheunenmotive auf.
Das Simplicissimus-Haus dient auch als Veranstaltungsort für Grimmelshausen-Tagungen, Lesungen und Konzerte, wodurch es zu einem lebendigen Zentrum literarischer und kultureller Aktivitäten in Renchen wird.