Freiburg im Breisgau (Stadtkreis)(FR)

Baden-Württemberg

Sachverhalt und Verfahren vor dem VG

Zwei Anwohner des Augustinerplatzes in Freiburg klagten 2016 beim Verwaltungsgericht Freiburg gegen die Stadt Freiburg. Ihr Ziel war es, dass die Stadt ab 24:00 Uhr gegen den nächtlichen Lärm auf dem Augustinerplatz einschreiten sollte. Ein Sachverständigengutachten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) ergab in zwei Nächten Beurteilungspegel von bis zu 73 dB(A) und 78 dB(A). Daraufhin verurteilte das Verwaltungsgericht die Stadt Freiburg, polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Nachtruhe gemäß ihrer Polizeiverordnung vom 29.09.2009 zu ergreifen, sofern die Lärmbelastung an den Wohnungen der Kläger zwischen 24:00 Uhr und 06:00 Uhr regelmäßig 62 dB(A) überschreitet (siehe Pressemitteilung des VG Freiburg vom 6. Dezember 2018).

Berufungsverfahren vor dem VGH

Die Stadt Freiburg legte gegen dieses Urteil Berufung zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) ein. Nach einem mehr als zweieinhalb Jahre ruhenden Verfahren, in dem die Einigungsgespräche scheiterten, entschied der VGH nach einer mündlichen Verhandlung am 3. August 2023 über die Berufung.

Urteil des VGH

Der 1. Senat des VGH änderte das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg teilweise ab und verpflichtete die Stadt Freiburg, über den Antrag der Kläger auf polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Nachtruhe neu zu entscheiden. Die VGH begründete sein Urteil wie folgt:

  1. Unzureichende Bestimmtheit des Kriteriums "Regelmäßigkeit": Das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise angenommen, dass die Kläger verlangen könnten, dass die Stadt Freiburg polizeiliche Maßnahmen ergreife, sobald der Beurteilungspegel von 62 dB(A) regelmäßig überschritten werde. Dieses Kriterium sei jedoch zu unbestimmt, da es unklar bleibe, was unter "regelmäßig" zu verstehen sei. Ob das Überschreiten jedes Wochenende, zweimal pro Woche oder täglich vorkomme, sei nicht eindeutig definiert.

  2. Fehlerhaftes polizeiliches Ermessen: Die Stadt Freiburg habe ihr polizeiliches Ermessen nach § 3 PolG nicht korrekt ausgeübt. Das Verbot des Musizierens mit Instrumenten und das Abspielen von Musik in § 1 Abs. 1 der Polizeiverordnung vom 29.09.2009 sowie der Schutz der Nachtruhe in § 3 PolVO dienten dem Schutz der Anwohner. Die Stadt habe nicht erkannt, dass sie, und nicht der Polizeivollzugsdienst des Landes, für die Durchsetzung dieser Vorschriften zuständig sei.

  3. Erforderliche polizeiliche Maßnahmen: Die Stadt Freiburg müsse bei ihrer erneuten Entscheidung auch die Möglichkeit eines nächtlichen Glasflaschenverbots für den Augustinerplatz in Betracht ziehen. Ein vollständiges oder weitgehendes Absehen von polizeilichen Maßnahmen sei nicht ermessensgerecht, da dies zu erheblichen Lärmpegeln an den Wohnungen der Kläger und zu einer erheblichen Schädigung ihrer Gesundheit führen könne.

  4. Vollzugsdefizit: Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass das Unterlassen wirksamer Maßnahmen zur Einhaltung der Polizeiverordnung ein strukturelles Vollzugsdefizit darstelle. Insbesondere das Verbot des nächtlichen Musizierens und Abspielens von Musik sei von erheblichem Gewicht, da Verstöße gegen § 1 Abs. 1 PolVO leicht festzustellen seien und solche Verstöße erhebliche Lärmquellen darstellten.

Weitere Vorgehensweise

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben stehe es im Ermessen der Stadt Freiburg, wie sie gegen Verstöße vorgehe und ob sie eine Polizeiverordnung mit einem Glasflaschenverbot erlasse. Die Stadt könne dabei ein Gesamtkonzept entwickeln und die Maßnahmen unterschiedlich gewichten sowie aufeinander abstimmen.

Revision

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Kläger und Beklagte können jedoch binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einlegen (Az. 1 S 1718/22).

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